von Gwynnefer Kinne
Kinder der neuen Zeit
Joytopia und Free begegnen sich frei, wach, nah und ehrlich. Sie lernten sich bereits in der Schule kennen. Bereits vom allerersten Moment an spürten sie dieses Leuchten zwischen sich. Nein, eigentlich war es kein Leuchten, eher ein Glühen, aber auch das traf es nicht. Es war einfach so, als ob alles um sie herum eine andere, tiefere Dimension bekäme.
Im Geschichtsunterricht sind sie im Jahr 2018 angelangt
Sie erfahren von modisch gekleideten, starke geschminkten Frauen. Auch von halbnackte Mädchen und Mädchen mit eng anliegenden Kleidern und tiefen Ausschnitten ist die Rede. Obendrein versuchen sie noch gescheit dreinzuschauen, um einen sexuellen Partner zu angeln. Die Lehrerin zeigt ihnen ein vergilbtes Foto von einem rauchenden Mädchen , mit dem Hintern wackelnd und die Bierflasche in der Hand haltend. Free denkt: Die sehen aber nicht gesund aus. Er hört die Lehrerin von Fett- und Magersucht reden. „Nein, solche Frauen können doch keine gesunden Kinder geboren haben“ dachte sich Joytopia.
Joytopia und Free sind erleichtert, dass sie in einer anderen Zeit leben
Ihnen beiden ist klar, dass eine echte, dauerhafte Liebe nur dann erblüht, wenn Männer gemeinsam mit der Frau, die er liebt, das lang ersehnte Kind zur Welt bringen. Sie begegnen ihren verschiedenen Gedankenwelten mit so großem Respekt und Vertrauen. Sie lassen Raum zwischen sich und sind doch eins. Sie lieben einander, ohne die Liebe zu Fesseln zu machen.
Jahre später wünscht sich Joytopia ein Kind und fängt an, an es zu denken
Später wünscht auch Free sich ein Kind und beginnt ebenfalls an, an es zu denken. Beide wissen, dass der menschliche Gedanke Dinge entstehen lässt. Sie wünschen sich gemeinsam ein Kind als Frucht ihrer großen, dynamischen Einheit und Liebe.
Bei der Suche ihres zukünftigen Familienlandsitzes, denken Joytopia und Free an ihren zukünftiges Kind, ohne es tatschlich zu zeugen. Nachdem sie sich eingerichtet haben, entwerfen sie einen Plan wie sie sich auf das gemeinsame Kind vorbereiten: Dabei reinigen sie ihren Organismus, vor allem Leber und Niere und zwar mit Hilfe von Kräutersud und Fastenkuren. Sie trinken während dieser Zeit ausschließliches Quellwasser und machen täglich körperliche Übungen, damit sich ihre Muskeln stärken und ihr Blut intensiver durch die Adern pumpt. Außerdem gehen sie für positive Emotionen täglich an die frische Luft.
Auf die Schwangerschaft bereiten sie sich mit einer erstklassigen Ausbildung vor
Sie lernen das Tragen des Kindes, die Geburt, Kinderpflege und Vorschulzeit. Da sich beide das Kind vorstellen, existiert es bereits. Das haben sie bereits in ihrer Schulzeit gelernt. Das Kind wird auf ihrem Familienlandsitz zur Welt kommen, das steht außer Frage. Auch während der Geburt kommt Free eine aktive Aufgabe der Geburtsbegleitung zu.
Nun ist alles vorbereitet
Free richtet unter freiem Himmel, unter den Sternen, ein Bett her. Drei Tage lang fasten beide und schlafen unter dem Sternenhimmel. Und jedes Mal vor dem Schlafengehen wäscht Free seine Joytopia mit Quellwasser ab. Nach dem Waschen trocknet er sie mit einem Leinentuch ab. Free legt sich nass zu seiner Frau ins Bett. In diesen drei Tagen werden sie nicht intim.
Beim einschlafen unter dem Sternenhimmel verzeihen sich die beiden in der ersten Nacht ihre Fehltritte.
Sie fangen an sich ihr künftiges Kind vorzustellen
Er denkt, dass sein zukünftiges Kind ihr ähneln wird. Sie denkt, dass ihr Kind ihm ähneln wird. Nach dem dritten Tag dürfen sie intim werden. Es war kein gewöhnlicher Sex gewesen, sondern ein ekstatisches Aufwallen von Schöpferkraft.
Das Bewusstsein von Joytopia und Free verstehen jeden Menschen als eine bewusste Zelle und sind selig über das familiäre Verbundenheitsgefühl. Intuitives Zusammenklingen und kooperatives Handeln begleitet ihren Weg weiterhin. Altruistisches Verantwortungsgefühl und globales Denken sind dabei nicht weg zu denken. Einfach nur glücklich, dass sie in der Schule gelernt haben, dass sie verantwortlich sind für ihr Tun.
Jean Liedloff: Auf der Suche nach dem verlorenen Glück, 1981