Heilige Bäume – die Welt in hundert Jahren

Illustration von Sharon Calman /Text von Sabine Kunz

Wer genau hinguckt, der erkennt noch  Einkerbungen in meinem verwitterten uralten Stamm. Es waren wohl Buchstaben und ein Herz. Das ist lange her. Jahrzehnte sind seitdem vergangen. Ich habe vieles kommen und gehen sehen.

Es gibt nicht mehr viele von uns.

Früher nannten sie uns Wälder. Wir standen in riesigen Gruppen auf großen Flächen zusammen. Es gab so viele Sorten von uns. Tiere haben mit uns zusammen gelebt. Wir haben sie genährt. Menschen haben mit und durch uns zusammen gelebt. Tiere haben sie genährt.

Irgendwann kamen die Menschen immer seltener. Die Jäger waren noch da und haben sich genommen so viel sie wollten. Und wenn dann doch mal die Menschen kamen, dann haben sie sich uns genommen, egal ob sie uns wirklich brauchten, oder nicht.

Heute kommen sie wieder öfter zu uns und nennen uns die heiligen Bäume. Sie kommen und versuchen zu erahnen, wie es einst gewesen sein könnte.
Und sie erzählen uns von sich. Von Freud und Leid, welches sie in sich tragen.

Wir sind geduldige Zuhörer.

Manchmal aber kommt ein Mädchen zu mir. Wir sind Freunde geworden und verstehen uns schweigend. Ich erzähle ihr all meine Geschichten, die ich im Laufe meines uralten Lebens erfahren habe. Sie wird sie für mich aufschreiben. Auf das die Menschheit wisse, wie es war….damals, zu der Zeit, als man uns noch Wälder nannte.

Kommentare

2 comments on “Heilige Bäume – die Welt in hundert Jahren”
  1. Anja Gild sagt:

    Schöner Beitrag – wehmütig.

    1. Susanne Gold sagt:

      Das finde ich auch. <3

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