Die Welt in hundert Jahren – Sprechende Buchautoren

Von Marian Prill

Aus den Fehlern anderer lernen

Seit Zeitreisen in die Vergangenheit im großen Stil möglich geworden sind, verstehen sich die Menschen im 22.Jahrhundert so gut wie nie zuvor.

Die Zeitmaschinen enthalten weder Platinen noch Mikrochips – kein einziges Kabel ist in ihnen verbaut. Sie bestehen aus Papier. Ihr Treibstoff sind geschriebene Texte zwischen Buchdeckeln, verfasst von Milliarden Menschen.

Völkerverständigung par excellence

Nach der bedeutenden Erfindung des Buchdrucks im Jahre 1450 durch Johannes Gutenberg, der die Wissenswelt revolutionierte und Wegbereiter für zahlreiche Erfindungen wurde, fiel der Menschheit im vergangenen Jahrhundert das zweite fehlende Puzzleteil in die Hände, um die zivilisierte Weiterentwicklung auf ein hohes Niveau zu heben:

Nämlich Verständnis und die Methode, die Schwarmintelligenz dauerhaft zu konservieren und systematisch im Sinne aller Erdbewohner einzusetzen. Damit war der Generalschlüssel zur Lösung der wichtigsten Herausforderungen gefunden.

Wissen ist wichtiger als Wasser

Wasser sichert das Leben. Und Wissen sichert Wasser. Mit der Ressource Wissen sind in den vergangenen hundert Jahren Entwicklungen möglich geworden, die zuvor als Science-Fiction-Filmstoff über Kinoleinwände flimmerten: Krankheiten werden kuriert, ohne, dass Betroffene von ihnen wissen oder die Behandlung spüren.

Die Sozialsysteme machen ihrem Namen alle Ehre und die Mobilität hat sich in einem Maße weiterentwickelt, dass Weltreisen über alle Kontinente hinweg in weniger als zwei Stunden möglich sind.

Einem Studenten aus Bangladesch ist es durch das Zusammenfügen verschiedener Wissensbausteine aus der Weltbibliothek gelungen, den Regenerationsprozess einer nahrhaften Pflanze drastisch zu verkürzen, so, dass durch ihren Anbau dem Hunger benachteiligter Landstriche Einhalt geboten werden kann.

Die Weltbibliothek füllt sich mit Wissen von unschätzbarem Wert

Erblindete Menschen schreiben heute Bücher. Menschen, die nicht schreiben und lesen können, ebenfalls. Sie lassen sich von Softwareprogrammen durch Interviews führen, teilen ihr Wissen und ihre Erfahrungen mit virtuellen Moderatoren, die die Gespräche aufzeichnen.

Computerprogramme verschriftlichen das gesprochene Wort und leiten es an Kreativabteilungen weiter, die den Text mithilfe von Software in kürzester Zeit strukturieren und ihn nach allen Regeln der Kunst veredeln.

Ein Exemplar jeden Buchs findet seinen Platz in der Weltbibliothek und ist ab diesem Zeitpunkt les- und hörbar für jeden Menschen und  in jeder Sprache verfügbar.

Eine Milliarde Bücher

Prognosen zufolge wird erwartet, dass am 23. April 2118 – am Welttag des Buchs – die milliardste Publikation in der Weltbibliothek eintrifft.

Es wird ein Buch von einem Menschen sein, der wahrscheinlich nicht zur Elite gehört und dennoch die Menschheit an seinem Wissen teilhaben lassen wird.

In seinem Buch, wie in allen anderen Exemplaren auch, die die Weltbibliothek in sich aufnimmt, wird ein Zugang verfügbar, zur persönlichen Lebensgeschichte und zu Videoaufzeichnungen des Autors.

Somit werden sich die Generationen auch tausend Jahre später noch ein nahezu lückenloses Bild von ihren Vorfahren machen können, die erheblichen Einfluss auf die eigene Existenz und den Fortbestand der Menschheit hatten – indem sie ihre Gedanken der Welt zur Verfügung stellten.

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