Von Stefan Fröhling
Ein Statement – Die Welt in hundert Jahren?
Das klingt für mich zunächst – in mathematischer Blauäugigkeit – wie 3018
Doch es ist ja „nur“ das Jahr 2118 gemeint. Hätte ich mir vor einhundert Jahren die Welt hundert Jahre später vorstellen können? Das wäre 1918 gewesen, noch mitten im Gemetzel des 1. Weltkriegs. Die Welt wäre mir wohl wie ein einziges brutales Chaos erschienen und ich hätte das Ende desselben ersehnt. Geprägt durch imperiale Vorstellungen und Tatsachen, hätten die Hoffnungen auf friedlichere und gerechtere Zustände wahren Utopien geglichen, zumal die Generalstäbe aller Couleur nach wie vor feuchte Träume von mörderischen Siegen gehegt haben.
Der Patriotismus stand hoch im Kurs – und tut dies jetzt schon wieder
Dabei ist Patriotismus doch oftmals nur für diejenigen eine euphemistische Umschreibung, die sich Nationalismus (noch) nicht zu sagen getrauen. Ginge es statt um „Vaterlandsliebe“ wenigstens um „Mutterlandsliebe“; denn ich frage mich, ob der Aspekt des „Mütterlichen“ politisch nicht die Macht des „Väterlichen“ ad absurdum führen würde. Und es stellt sich die Frage, ob die genannte „Liebe“ fürs Vaterland nicht als eine Rechtfertigung für praktizierten Hass genutzt wird. Als wären die Begriffe „Liebe“ und „Hass“ Synonyme zueinander.
Ich fürchte, dass die zukünftigen Menschen in hundert Jahren von Glück reden können, wenn ihre Welt postmodern geblieben ist, also in einer Art politischen Stillstands verharrt, und sich, auch im Vergleich zu 1918, nicht noch Schrecklicheres ereignet hat.
Wie viele gut gemeinte Initiativen und Aufbrüche hin zu einem gerechteren Dasein und mehr Menschlichkeit im besten Sinne werden zwischenzeitlich von einer Unmoral des Faktischen abgewürgt und längst wieder vergessen sein, sodass erneut nur Utopien blieben?
Nach Thomas Hobbes ist der Mensch dem Menschen ein Wolf (homo homini lupus) – womit nichts gegen den Wolf als Tier gesagt sein soll. Purer Pessimismus? Als Optimist wird man ständig nur enttäuscht, als Pessimist hingegen ab und zu positiv überrascht.
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