Michael Kleina ist gelernter Einzelhandelskaufmann und Organisationsprogrammierer. Seit 1995 ist er als Berater tätig und einer der „alten Hasen“ im digitalen Business.
Du berätst Unternehmen bei ihrer digitalen Strategie. Was genau machst Du dabei?
Ja, ich bin seit Anfang der 90er in den digitalen Welten unterwegs, seit Ende 1995 als freier Berater. Seit dem habe ich sämtliche Entwicklungen im Web miterlebt. Dieser Weg wurde zum Teil durch die Entwicklungen des Marktes bestimmt, aber auch durch Partner, mit denen ich zusammengearbeitet habe. Somit gab es ein stetiges auf und ab.
Nach einem Sabbatjahr 2005, habe ich meinen bisherigen Weg bis dahin analysiert und festgestellt, sobald eine Strategie langfristig aufgebaut wurde, stellte sich auch der Erfolg ein. So plante ich aufbauend auf diesen Erfahrungen meinen eigenen digitalen Weg.
Du sprichst von einem eigenen „digitalen Weg“, den jeder für sich finden müsse. Wie meinst Du das?
Jeder ist in seiner Branche, in seinem Unternehmen oder als Einzelunternehmer verschieden aufgestellt und sollte auf gar keinen Fall versuchen, jeden digitalen Trend, die verschiedenen Kanäle als auch Plattformen, alle bedienen zu wollen.
Es ist doch wie im wahren Leben: Wir sind alle ja auch nicht auf jeder Hochzeit eingeladen oder noch dreister, laden uns dort selbst ein. Auch ist ja erst einmal zu klären, wofür man selbst steht, was man selbst darstellen möchte. Sprich, wie ist denn die genaue eigene Positionierung, welchen Nutzen kann ich erfüllen und welche Bedürfnisse befriedigen.
Danach gilt es dann zu prüfen, wo die Partner, ich spreche mit Absicht nicht mehr von Kunden, sich genau aufhalten oder nach dem eigenen Angebot suchen.
Du siehst Digitalisierung ja grundsätzlich positiv. Was ist für Dich denn der große Gewinn der Digitalisierung für uns Menschen?
Der große Gewinn ist gleichzeitig auch der große Fluch. Big Data und Kommunikation x.0. Es herrscht viel mehr Transparenz in vielen Bereichen. Sehr oft begegnen wir Partnern schon auf Augenhöhe, da dieser sich zu einem Problem, das er oder sie hat, schon vorher im Internet informieren konnte. Auch die jetzt leicht mögliche Vernetzung über Ländergrenzen und Kontinente hinweg ist ein großer Vorteil.
Aktuell habe ich mehrere Kontakte aus dem Ausland, die ich vorher nicht kannte, mit denen ich mich regelmäßig austausche.
Durch Online-Petitionen wird es heute möglich, auf herrschende Missstände aufmerksam zu machen, von denen Sie vorher womöglich wenig wussten. Einige Länder haben selbst schon feststellen dürfen, im Guten wie im Schlechten, dass man so großen Einfluss auf die Politik nehmen kann. Man hat Teil an großen Aktionen wie der von Torsten Schreiber – Africa GreenTec, der Solar Container in die dritte Welt bringt, um dort die Sonne zur Stromgewinnung zu nutzen und so Wasser zu fördern.
Im Bereich der Produktion stehen intelligente Systeme kurz davor, sich untereinander auszutauschen, so dass wir hier die Arbeitskraft der Mitarbeiter anders und vielleicht sogar besser nutzen könnten.
Siehst Du denn keine Risiken?
Für mich ist das größte Risiko, im Digitalen nur die Gefahr zu sehen und so Chancen, die sich durch die Digitalisierung eröffnen, zu verpassen. Dadurch, dass wir hier in Europa, gerade hier in Deutschland viel mehr verwalten wollen, als etwas zu riskieren, werden wir den Anschluss verlieren. Die großen Player werden Ihr Marktmacht nutzen und immer weitere Gebiete, Nischen erschließen.
Wir müssen lernen, dass Scheitern, „auf die Fresse fallen“ auf Deutsch gesagt, nichts schlimmes ist. Aber wir brauchen Geschwindigkeit, wir müssen schnell entwickeln und auf den Markt bringen. Dadurch werden wir Fehler machen, diese dienen dann aber als Basis der nächsten Entwicklungsstufe. Ein Blick auf die Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen zeigt doch die Leichtigkeit des „jung seins“, wo noch der Taten- und Forscherdrang in einem selbst gebrannt hat.
Du hast bereits sieben Unternehmen gegründet, einen Verkauf und verschiedene Umbauten mitgemacht. Welche Veränderungen siehst Du auf dem Markt? Welchen Herausforderungen steht man als Berater in den digitalisierten Märkten gegenüber?
Die größte Herausforderung ist es, vernünftig miteinander zu kommunizieren und dabei transparent zu sein. Viele verstecken sich weiter hinter Buzz Words gerade in dem Moment, wo es eigentlich darum geht, alten Wein in neuen Schläuchen zu verkaufen.
Auch oder gerade in der digitalen Welt steht der Mensch im Mittelpunkt des Handelns. Es gilt Werte vorzuleben, empathischen Umgang zu pflegen und das Ganze nicht immer nur unter dem Motto „Erfolg heiligt die Mittel“ anzugehen.
Ich betreue heute nur noch eine kleine Anzahl an Partnern (Kunden), die aber nachhaltig. Mit diesen arbeite ich schon jahrelang zusammen und es ist zum Glück kein Ende in Sicht.
Um zum Punkt zu kommen, die größte Herausforderung ist der Wechsel von G nach C: Von Chan(g)e nach Chan(c)e.
Wie schätzt Du die Zukunft ein? Mit welchen Trends haben Unternehmer künftig zu rechnen?
Der Haupttrend wird sein, dass wir uns Menschen neu erfinden müssen. Wir sind nicht auf dieser Welt um nur zu arbeiten. Was heute die „40-Stunden-Woche“ ist, ist vielleicht bald die „25-Stunden-Woche“.
Früher war angelegtes Kapital, der shareholder, der größte Wert. Morgen ist es aus meiner Sicht der Mensch. Als klaren Trend sehe ich, dass jedes Unternehmen jetzt eine eigene Identität, gepaart mit einer eigenen Philosophie, sowohl digital als auch natürlich im Analogen finden muss. Wenn hier neue digitale Lösungen Erleichterung bringen, dann sollte man diesen offen gegenüberstehen.
Mein Eindruck am Anfang unseres Interviews war ja, dass Du grundsätzlich positiv zur Digitalisierung stehst. Nun scheint sich das Bild etwas auszudifferenzieren. Wohin geht denn nun unsere Zukunft? In ein gutes oder in ein schlechtes Szenario?
Ich bin ab und zu am Zaudern, manchmal etwas „Spuki“.Vom Grundsatz her sehe ich mich jedoch als ein positiver Mensch. Ich denke, dass wir die Chance haben, unseren Kindern, von denen wir diese Welt nur geliehen haben, etwas Positives zu hinterlassen. Aber, dass wir auch an einem Punkt in der Geschichte angekommen sind, wo wir von ihnen ebenso lernen können.
Hast Du eine persönliche Zukunfts-Utopie?
Ja, die habe ich: „Der Mensch wird immer Mensch bleiben“ wenn er es schafft mit den Werkzeugen, die er zur Verfügung hat, vernünftig umzugehen.