Illustrationen Susanne Gold – Text Jörg Puma
Nie gab es so viele gute Entschuldigungen: Umsatz gesunken wegen geringerer Nachfrage. Profit gesunken wegen externer Supply-Probleme. Europa hat zu wenig Impfstoffe bestellt. Alles richtig. Aber am Ende zählt das Ergebnis. Und erfolgreiche Karrieren beginnen meist in der Krise. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, proaktiv die Transformation zu starten. Und in drei Jahren zu den Gewinnern zählen.
Doch wie geht das? Dafür gibt es erprobte Erfolgsrezepte. Von visionären Unternehmern mit überragenden Ergebnissen. Von ihnen kann man ganz einfach das Doing erfolgreicher Führung während Zeiten großer Unsicherheit erlernen.
„Offene Augen für die Probleme der Welt, Lernen im Netzwerk, Kreativität und Offenheit für Neues, Neugierde, Intuition und die Kraft, bei Durststrecken durchzuhalten.“
„Die Basis jedes visionären Leaders ist Begeisterung“
Diese Tipps helfen in jeder Führungsfunktion: Dem CEO eines Start Up genauso wie dem Vorstand eines globalen oder regionalen Konzerns, dem Leiter einer öffentlichen Institution, dem Leader einer NGO als Familienunternehmer, aber auch dem „Familienmanager“ (Vater, Mutter oder divers).
Sie ist der innere Antrieb, die Ursache, warum ein Team über sich hinauswachsen kann. Die Begeisterung überträgt sich auf das Team und die Partner und bringt das Beste in allen Beteiligten hervor. Die Teammitglieder erkennen, dass sie an einem für die Gesellschaft wichtigen Projekt mitarbeiten und finden Lösungen auch für Probleme, die bisher als unüberwindbar galten. Das betrifft nicht nur die Kernfunktionen des Produktes oder der Dienstleistung – alle Funktionen wollen aktiv zu dem Erfolg beitragen.
„Geht nicht, gibt’s nicht”
Der Gründer der bayerischen Firma KRONES, Herrmann Kronseder, erklärte mir in einem langen Gespräch die Prinzipien seines Erfolges. Einer seiner wesentlichen Faktoren: Das ganze Führungsteam denkt und handelt für die gesamte Firma und nicht nur bzgl. der eigenen Funktion. Nur Führungskräfte, die schnell im Sinne der Gesamtfirma entscheiden können, bekommen Verantwortung. Das führte zu einer konkurrenzlosen Effizienz und Kundenzufriedenheit. Nicht umsonst lautet der KRONES-Slogan „geht nicht, gibt’s nicht“.
„Das Team begeistern und bisherige Lösungen an das neue Problem anzupassen“
Die BioNTech Gründer Özlem Türeci und Ugur Sahin waren begeistert von der Lösung eines neuen gesellschaftlichen Problems: Sie entwickelten eine Methode, die den menschlichen Körper in die Lage versetzt, mit der eigenen Immunabwehr Krebszellen zu besiegen. Dann kam die Pandemie. Der entscheidende Schritt? Das Team begeistern und ihre Lösungen für das neue Problem anpassen.
Krisen ändern oft ganze Branchen und deren Erfolgsfaktoren. Auf Basis ihrer messenger-RNA Methode entwickeln sie einen Impfstoff gegen das neue Sars-CoV-2-Virus. Ein Spurt, der dem CFO graue Haare einbringt: Für das kleine Start Up der zwei Professoren mussten innerhalb eines dreiviertel Jahres Bioreaktoren, Produktionsanlagen und Rohstoffe beschafft werden. Ausgaben von über 600 Millionen Euro für ein Unternehmen, das noch nie profitabel war.
DON’T: „Grosskonzerne ersetzen oft Begeisterung durch Karriereoptionen und eine Vielzahl von Regeln“
Bei BioNTech kam zu dem ungeheuren Investitionsvolumen noch die Verzehnfachung der Mannschaft innerhalb weniger Monate dazu, die in einem Spurt mit Enthusiasmus die Wochenenden durcharbeiten. Eine kontrastierende Erkenntnis aus meinen Erfahrungen in etablierten Konzernen: Bei der Integration neu zugekaufter Start Ups war eines der Hauptprobleme die Arbeitszeit. Das eigentliche Motto im Start Up lautet: Man arbeitet so lange, wie es einem Spaß macht. Um knifflige Aufgaben zu lösen, ist man auch gerne mal am Wochenende aktiv.
In Großkonzernen ist das oft anders: Da gibt es Prozesshandbücher- und eine Arbeitssicherheitsabteilung. Die weiß, dass im Schnitt nicht mehr als acht Stunden gearbeitet werden darf und man nach zehn Arbeitsstunden vom Kundentermin nicht mehr ein Auto lenken darf. Der visionäre Unternehmer und sein hochmotiviertes Team, frisch im Großkonzern zugekauft, fragten mich angesichts der ungekannten Einschränkung ihrer Arbeit durch industrielle Schutzvorschriften: Wie sollen wir denn da noch arbeiten können?
DON‘T: „Nicht auf den Erfolge der Vergangenheit auszuruhen.“
„Wir wissen, was richtig ist, denn so sind wir groß und erfolgreich geworden!“ Das Problem dieser Haltung realisieren die erfolgsverwöhnten Manager eines Marktführers oft erst später: Nokia‘s Manager lehnten ein Joint Venture mit Apple zur gemeinsamen Entwicklung eines smarten Telefons ab. Drei Jahre später wurde der langjährige Marktführer zum Sanierungsfall.
„Ein Growth Mindset ist erfolgreicher als ein Fixed Mindset.“
Visionäre Begeisterung, immer die beste Lösung zu entwickeln, führt zu einer laufenden Anpassung an neue Trends. Was die Psychologieprofessorin Carol Dweck an der Stanford University herausfand, gilt für Schüler wie für Unternehmer: Nur wer Fehler als Chancen erkennt, wird wachsen. Wer meint, immer erfolgreich sein zu müssen und zur Erklärung von Erfolgen nur auf dauerhafte Eigenschaften zurückgreift, beschränkt seine Fähigkeiten und verliert die Motivation, besser zu werden. Growth Mindset bedeutet die Freiheit, morgen noch besser zu sein als heute und auch über vorherige Fehler zu lachen.
Fixed Mindset ist der Hauptgrund für den Niedergang ehemals erfolgreicher Unternehmen. Die Führungskraft sollte die Begeisterung des Teams nicht durch unnötige Angst vor Veränderung einengen. Neue Trends erfordern neue Ideen. Und Mut.

„Die Frage der Erfolgreichen ist am Anfang immer WHY NOT?“
Im Gegensatz dazu sind “Yes, but”-Unternehmen Organisationen, in denen die Runde der risiko-aversen Hauptabteilungsleiter jede neue Idee zerredet, da keine Fehler mehr gemacht werden dürfen. So das Argument. Fixed Mindset hat eine Fehlervermeidungskultur. Damit ist die Organisation schon fast „tot“, auch wenn ein Konkurs oder Verkauf nach dem Verschlafen wichtiger neuer Trends womöglich erst Jahre später kommt.
Das kann man gut am Beispiel von Elon Musk zeigen: Tesla war kurz vor der Insolvenz.Daimler verkaufte, um Fehler zu vermeiden, sein Tesla-Aktienpaket nach einer rationalen Analyse über die Risiken des Vorhabens: keine E-Tankstellen, teure Batterien – alles zu riskant. Einhellig bestätigt durch die geballte Urteilskraft der Finanzanalysten. Heute wäre dieses Aktienpaket etwa so viel wert wie die Daimler AG insgesamt. Das Bauchgefühl des Unternehmers Elon Musk, der uns bereits statt der komplizierten IBAN die einfache Internet Bezahlung durch PayPal ermöglichte, scheint recht zu haben. Die zahlreichen BMW-Manager, die heimlich einen Tesla fahren, spürten es längst: Freude am Fahren wurde im Tesla neu definiert.
Begeisterung ist hier wieder die erfolgreiche Grundlage, mit dem richtigen Gespür dabei zu sein. Aber mit beiden Gehirnhälften, denn die rechts angesiedelte kreative Intuition bedarf, um finanziell erfolgreich zu sein, durchaus der links-hemisphärischen faktenbasierten Ratio.
„Visionäre Unternehmer stellen sich die Frage nach den Problemen der Menschheit.“
Während Unternehmer daran interessiert sind, den Profit zu steigern, fragt sich der visionäre Leader Elon Musk immer: “Was sind die wichtigsten Probleme der Menschheit?” Begeisterung weckt die intrinsische Motivation. Begeisterung „empowert“Mitarbeiter. Nicht nur bei der Führung dezentraler Teams im Homeoffice fernab vom Chef. Bei Anwendung dieser Prinzipien erreichen sie bessere Ergebnisse und die Mannschaft wirddazu befähigt, über sich selbst hinauswachsen. Zum Nutzen des Unternehmens und eigener Selbstentfaltung. Mehr zu den allgemein anwendbaren Führungsprinzipien visionärer Unternehmer gibt es in meinem nächsten Artikel hier in der Utopiensammlerin.