Uralte Ur-Menschen – Die Welt in hundert Jahren

Illustration Susanne Gold/ Text Konni Angermaier

„Guten Morgen Frau Konni.“

Schön, dass sie wach sind, ich darf sie daran erinnern, das heute wieder der alljährliche Gesundheits-Check ansteht.“

„Gib mir noch eine viertel Stunde bitte Rufus mein Freund, dann schwinge ich mich in den Tag.“

„Gerne Frau Konni.“

Pah, wenn uns das einer vor 100 Jahren gesagt hätte, dass wir immer noch auf dieser Welt hausen, hätte ich es kaum glauben können. Und doch ist es so.

Ich liege hier, fitter den je mit meinen fast 149 Jahren, lausche all Morgendlich den Vögeln und Tieren da draußen. Ja, es gibt sie noch. Nachdem der Mensch sich in Hochbaubunker einschloss und dort eine imitierte Natur genoss, konnte sich die Fauna wieder erholen.

Ach wie herrlich ist es doch, die Farben, die Töne, die Gerüche.

Selbst in den zweifelhaften Jahren, als uns nicht klar war, ob die Erde es je schafft zu verdauen, was ihr angetan wurde, hätten wir uns das, was passierte, als man die Natur in Ruhe lies, nie vorstellen können.

Durch die Angst, von der unreinen Luft zu ersticken, durch das vergiftete Wasser zu sterben, von der Sonne verbrannt zu werden, flüchteten die Menschen immer mehr in Wohnanlagen, die Natur überflüssig machte.

Alles wurde nachgebaut und künstlich hergestellt.

Luft und Wasser wurde aufwendig gereinigt und im eigenen Kreislauf behalten, Obst und Gemüse in riesigen Anlagen gezüchtet und geerntet. Es gibt noch Tiere, allerdings keine Massentierhaltung mehr. Es gibt sie vereinzelt und Fleisch ist fast so etwas wie Luxus, denn keiner will mehr für das unnatürliche Sterben eines Tieres verantwortlich sein. Also, lässt man es sich sehr gut bezahlen, wenn man dennoch eines töten muss.

Diese Anlagen hatten also alles, was man zum Leben braucht.

Licht gibt es nur künstlich, da man Angst vor der Sonne hat. Strom wird durch Wind erzeugt, der um die Anlagen weht und in hochleistungsfähige, leicht entsorgbare Akkus gespeichert.

Die Menschen, die dort leben, sind recht hellhäutig. Auch die, die ursprünglich mal ganz schwarz waren, blichen mit der Zeit in diesen Einrichtungen aus.

Ja, wir haben alle nicht schlecht gestaunt, was so alles passiert.

Immer mehr zogen sich in diese „modernen Bauten“ zurück. Nur wenige hatten anfänglich den Mut, so weiter zu leben, wie man es kannte. Und doch wurden es dann später, dank steigender Geburten mehr.

Sicher, auch hier bei uns, denen die wir in der Natur leben, gab es Fortschritt, so setzen wir zum Beispiel erneuerbare Energien ein. Windkraft im kleinen und maßgerecht für jede Wohnstätte.

Die meisten unserer Häuser sind in den Boden oder in Hügel gebettet.

So spart man Energie. Unsere Gärten waren zeitweise überdacht, wegen der Luft- und Wasserverschmutzung. Wasser und Luft filterten wir durchgehend, sonst hätten wir wohl nicht so durchhalten können. Alles wurde immer überwacht, immer im Sinne der Natur. Nie zu unserem Vorteil.

Später werde ich in einem Vehikel ohne Räder über den Boden zu meinem Termin schweben.

Mittlerweile mit hellem Glas drin, anfänglich war es stark abgedunkelt, weil die Sonne so brannte. Wir leben mit künstlicher Intelligenz zusammen, welche uns zur Hand geht. Ein fruchtbares Miteinander, obwohl diese sich in den Anlagen gerne als ihre Herren aufführen.

Das war eine Zeit lang ein großes Thema, den Menschen klar zu machen, dass wir nichts besseres sind, als andere Geschöpfe und seien sie noch so künstlich.

Und die Geschöpfe danken es uns. Leider ist es noch immer nicht so ganz bei allen angekommen.

Die aus den „Städten“ nennen uns die Ur-Menschen und wir waren und sind stolz darauf.

Sind doch wir es, die noch den Knall und den Wandel erlebten. Wir, die es vorzogen, in der Natur zu bleiben, haben nämlich einen Vorteil, wir altern nicht so schnell, wie die anderen.

Woran es genau liegt, versuchen sie seit Jahrzehnten herauszubekommen, dafür auch die jährlichen Untersuchungen. Und es gelingt ihnen nicht.

Die Menschen in den künstlichen Bauten vermögen nicht mehr älter als im Höchsten Fall so um die 100 zu werden.

Wir Ur-Menschen jedoch sterben seltener früh. Der letzte war so um die 203 Jahre rum, als er von einem Baum erschlagen wurde. Natürlich Tode gibt es bei uns so selten, dass wir die Körper ganz schnell der Natur übergeben müssen, weil sie sonst kommen würden um sie zuholen, nur um zu ergründen, was wir anderes haben, als sie.

„Frau Konni, nun wird es aber Zeit, sie wissen doch, es ist noch einiges zu erledigen, bevor sie dann fahren können.“

„Ja Rufus mein Freund, du hast Recht, lass uns loslegen, sonst schaffen wir es alles nicht.

Sag, was sollen wir denn heute Speisen, wenn der Herr zurück kommt auf seinem Feuerross?“

„Oh, dass hätte ich ja fast vergessen. Der Herr Cowboy kommt ja heute von seiner Reise zurück. Ich denke, wir können Kürbisse ernten und eine leckere Suppe daraus zaubern. Oh Frau Konni, es wird ein schöner Abend, seinen Geschichten zu lauschen aus der Welt, wie es den anderen Ur-Menschen geht und von seinen Abenteuern auf seinen Wegen. Soll ich in ihrer Abwesenheit dann noch der Gemeinde bescheid sagen, soll ich einladen?“

„Gerne Rufus, das kannst du mir sehr gerne abnehmen. Und jetzt aber ab in den Tag, sonst wird das nie etwas.“

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