Terraismus Teil II (11/52 – Terraismus)

Ilustration von Susanne Gold/ Text von Ted Ganten
In diesem Film erfährst du mehr über „Terraismus“.

Letztes Mal haben wir den terraistischen Imperativ gebildet und hergeleitet. Jetzt kommen wir zur Frage, welche Bedeutung er in unserem täglichen Leben haben kann.

Ist Homo Sapiens wirklich die Krone der Schöpfung?

Wenn wir uns am Ende der Formulierung auf andere Menschen statt auf Lebewesen beziehen, sind wir wieder in einer Variante des Humanismus. Hier wird davon ausgegangen, dass alle Lebewesen eine vergleichbare Existenzberechtigung auf unserem Planeten haben. Die Tatsache, dass sich unsere Begabungen zum logischen Denken, zur Werkzeugnutzung und zum Kommunizieren im Vergleich derzeit als überlegen herausgestellt haben, berechtigt nicht, uns über andere Lebewesen zu stellen. Andere Lebewesen haben auch einzigartige Fähigkeiten, beispielsweise die relative Kraft der Ameise und die Ultraschallortung von Delphinen und Fledermäusen. Vielmehr erwächst aus unserem zufälligen Evolutionsvorteil eine gesteigerte Verantwortung anderen Lebewesen gegenüber.

Wie lässt man Lebewesen leben?

Dies beinhaltet nach Lösungen zu suchen, die sie möglichst wenig beeinträchtigen. Da es schon aufgrund unserer Essgewohnheiten und unseres Lebensraumes derzeit nicht möglich sein wird, alle Lebewesen zu schonen, leitet sich hieraus das Gebot ab, die Entwicklung in diese Richtung voranzutreiben. Gezüchtete Fleischzellen, Fleischersatzstoffe sind bereits verfügbar, aber derzeit ein Spielball der Industrie. Es sollte ein ethischer Auftrag der Zivilgesellschaft sein. Der Gedanke, nicht Menschen sondern „Lebewesen“ als Begrenzung der individuellen Freiheit des Homo Sapiens und anderer Lebewesen heranzuziehen schafft auch den Brückenschlag, die zukünftige Entwicklung insbesondere von Cyborgs, transgenen Wesen und künstlichen Intelligenzen, einzubeziehen. Der Mensch in seiner heutigen Form wird diesen zukünftigen Lebewesen gegenüber unterlegen sein. Wenn wir bei unserer heutigen Ethik bleiben, dass das mächtigste Wesen sich uneingeschränkt die Welt zum Untertan machen darf, werden die zukünftigen Wesen uns als Nutztiere halten, kontrollieren, essen und töten dürfen. Höchste Zeit, jedem Lebewesen einen annähernd gleichwertigen Stellenwert einzuräumen.

Tierschützer vs. Terraisten

Der terraistische Imperativ ist gerade nicht aus dem Gedanken des Tierschutzes abgeleitet. Im Gegenteil ergibt sich insofern eine neue ethische Bewertung als Reflex aus der Tatsache, dass der Homo Sapiens in Zukunft nicht das überlegene Wesen auf dem Planeten sein wird. Den Terraismus auf die Rechtfertigung veganer Ernährung und Tierschutz zu reduzieren, würde ihm nicht gerecht werden. Es bleibt aber natürlich richtig, dass der neue Imperativ einen erhöhten Respekt für den Planeten und jedes Lebewesen gebietet. Die ökologischen Aspekte, kein oder wenig Fleisch zu essen, werden, um ein ethisches Gebot kein Tier zu töten, erweitert. Darüber hinaus wäre unter ethischen Gesichtspunkten die Art und Weise der Tierhaltung ethisch zu hinterfragen. Salopp formuliert ist es unter anderem ein Aufruf, die vereinfachte Form des kategorischen Imperativs „Was du nicht willst, dass man dir tu, das füge keinem anderen zu“ nicht nur zwischen Menschen, sondern auch mit Blick auf andere Lebewesen ernsthaft anzuwenden. Nur wenn wir jetzt glaubhaft die Basis für die terraistische Ethik legen, wird in naher Zukunft der optimierte Mensch sich diese Frage auch mit Blick auf uns Normalmenschen gefallen lassen müssen. Es geht also nicht primär darum, unsere Ernährungsweise umzustellen, sondern vor allem darum, nicht selbst auf dem Speisezettel oder zumindest als Nutztier zu enden.

Das große Bild

Die Grundeinstellung, den Planeten als Einheit und das Leben darauf als Schicksalsgemeinschaft mit einem gemeinsamen Ziel zu verstehen, nenne ich „Terraismus“. Eines der Gebote des Terraismus ist das friedliche, diskriminierungsfreie Zusammenleben aller „Lebewesen“ auf angemessenem Lebensstandard unter Bewahrung des Planeten sicher zu stellen sowie den Vorstoß ins Weltall zu betreiben. Die Kernaussagen des Terraismus in kurz:

Erhalt des Planeten als höchstes Gebot, Respekt vor Lebewesen aller Art und der Weg ins All als gemeinsames Ziel.

Wie ist ein Verein aufzubauen? Welche Strukturen braucht er? Mit welchen Inhalten muss er sich befassen, um diese Ziele voranzutreiben? Nächste Woche geht es weiter ….

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