Wie glückt das Glück? (5/52 – Terraismus)

Illustration von Susanne Gold/ Text von Ted Ganten
In diesem Film erfährst du mehr über „Terraismus“.

Menschen, die satt und gesund sind; Menschen, die in relativem Frieden leben; Menschen, die keine Existenzängste haben, werden sich auf Sinn- und Glück-Suche begeben. In den wohlhabenden Ländern der Nordhalbkugel ist das bereits überall zu beobachten. Derzeit geschieht dies noch zögerlich und aus einer gewissen Orientierungslosigkeit heraus. Aber wohin führt dieser Trend, wenn man ihn konsequent zu Ende denkt?

Pharmazeutika

Das Streben nach Glück wird zu einem regelmäßigen und hohen Konsum an Designerdrogen und Pharmazeutika führen. Das Glückgefühl ist evolutionär flüchtig. Nur so bleibt der Anreiz bestehen, wieder und wieder nach Glück und einer Verbesserung der Lebensumstände zu streben. Pharmazeutika bieten hier einen Ausweg aus der „Falle“. Neben den Glück-Suchenden, wird sich hier schnell eine starke sehr profitable Industrie entwickeln, die ein Interesse daran diesen Trend zu verstärken.

Deep Brain Sitmulatoren

Auch Deep Brain Stimulatoren können einem per Knopfdruck Glücksgefühle bescheren. Leistungs- und Libido-Steigerung, Gemütsaufhellung in allen Varianten, bis hin zur Gedankenmanipulation sind schon jetzt mit elektrischer Stimulation der entsprechenden Areale im Gehirn machbar. Nicht möglich? Doch. Inzwischen kann man Gehirnmanipulation auf einem Niveau betreiben, auf dem man Kakerlaken per Knopfdruck nach links oder rechts steuern kann. In Universitätsklinik von Erlangen wurde einer Frau geholfen, die seit Jahren an einer so starken Müllphobie litt, dass sie ihr Haus nicht mehr verlassen konnte. Keine Therapien haben angesprochen. Schließlich hat man ihr Deep Brain Stimulatoren eingesetzt und dann solange Stromfluss und Richtung variiert, bis sie beim Anblick von Müll keine Panik mehr bekam. In Magdeburg hat die Universitätsklinik im Rahmen einer Studie extrem starken Alkoholikern durch Elektrostimulation bestimmter Gehirnregionen geholfen. Auch hier fangen wir gerade erst an. Und wieder geht es nicht darum, ob solche Manipulationen gut oder schlecht sind. Sie werden kommen. Sie haben bereits begonnen. Das dürfte für jede*n, die/der realistisch und weit genug in die Zukunft sieht, feststehen.

Glücksritter

Mein Plädoyer, meine feste Überzeugung ist, dass wir Rahmenbedingungen schaffen müssen und können, die uns einen sinnvollen Umgang mit diesen Themen ermöglichen. Dazu müssen und können wir nicht auf das Handeln der nationalstaatlichen Akteure warten. Und wir dürfen uns diese „neue“ Zukunft gedanklich so schön wie möglich ausmalen. Schreckensszenarien und Warnungen ohne die Kraft positiver Vorschläge und Utopien helfen wirklich niemandem. Sie verbreiten Angst bei den Meisten und Gier bei wenigen Skrupellosen.

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