Quantencomputer – ist der Hype berechtigt ? (Interview mit Ulrich Eberl)

Text von Nina Beier / Interview mit Ulrich Eberl / Foto: Y. Colombe/NIST

In letzter Zeit wird viel von Quantentechnologien gesprochen. Unter anderem hat die EU das Quantum Flagship ins Leben gerufen, welches die Forschung in diesem Bereich mit einer Milliarde Euro unterstützt. Ganz vorne mit dabei ist die Rede von Quantencomputern. Es handelt sich dabei um eine neue Art von Rechnern, die mithilfe der Regeln der Quantenphysik funkionieren. Genauere Informationen zu ihrer Funktionsweise findet ihr in diesem Artikel.

Ich habe mit dem renommierten Wissenschaftsjournalisten Ulrich Eberl über Quantencomputer und ihre Bedeutung in der Zukunft geredet. In seinen Büchern beschreibt er viele Entwicklungen, die die Zukunft prägen werden – auf unterschiedlichen Gebieten wie Umwelt und Energie, Mobilität, Stadtentwicklung oder Gesundheit. Welche Rolle spielen für ihn die Quantencomputer?

Ulrich Eberl - Hintergrund Daten

 

Quantencomputer: Ein Gespräch mit Ulrich Eberl

 

Seitdem letztes Jahr Google die „Quantenüberlegenheit“ verkündet hat, sind Quantencomputer stärker in die Öffentlichkeit gerückt. Aber was ist dran an dem Hype?

Google konnte zeigen, dass ein Quantencomputer etwas in wenigen Minuten schafft, wofür ein konventioneller Superrechner tausende von Jahren bräuchte. Der Punkt ist nur, dabei ging es um die Erschaffung von Zufallszahlen. Im Moment könnte man das höchstens verwenden, um vielleicht Zufallszahlen-Generatoren noch besser zu machen, aber von einer wirklich nützlichen praktischen Anwendung sind Quantencomputer noch weit entfernt.

Wie weit entfernt?

Google hatte etwa 50 Qubits in seinem Quantenrechner. Man geht davon aus, dass ein Quantencomputer für kommerzielle Anwendungen wahrscheinlich tausende von Qubits braucht. Man muss also von 50 erstmal auf 1000 kommen. Dazu kommt, dass man auch noch Fehlerkorrekturen einbauen muss. Die werden schwieriger, je größer die Zahl der Qubits ist. Wahrscheinlich braucht man nochmal einen Faktor 1000 an Fehlerkorrekturen. Das heißt, ich bin nicht bei 1000 Qubits, sondern bei einer Million, und das weiß heute kein Mensch, wie man so einen Quantenrechner jemals bauen könnte. Aber was die Forscher natürlich inspiriert, sind die grundsätzlich möglichen Anwendungen.

Was für Anwendungen wären das?

Wenn du einen funktionierenden Quantenrechner hast, kannst du praktisch alle Verschlüsselungen, die heute verwendet werden, knacken – und zwar blitzschnell. Das macht Militärs und Geheimdienste äußerst nervös, aber die Privatsphäre von jedem Smartphone wäre natürlich auch gefährdet. Dann gibt es noch viele andere mögliche Anwendungen, etwa in der Optimierung von Warenströmen oder bei der Simulation von Proteinen. Wenn eine Zelle das Erbgut, also die DNA, abliest und daraus Proteine baut, dann spielen oft viele Tausende von Atomen zusammen. Die Proteine müssen sich falten; sie bilden ein dreidimensionales Gebilde. Selbst Superrechner haben größte Schwierigkeiten, so etwas auszurechnen und die Dynamik zu simulieren. Das wäre aber sehr spannend, denn man könnte damit schnell neue Medikamente entwickeln, was ja nicht erst seit dem Corona-Virus sehr wichtig ist. Quantenrechner könnten auch große Datenmengen analysieren. Das wäre zum Beispiel für Anwendungen in der Künstlichen Intelligenz interessant, etwa in der Bilderkennung.

Was sind die großen Probleme auf dem Weg zu einem funktionierenden Quantencomputer?

Die Schwierigkeiten hängen damit zusammen, wie Quantencomputer funktionieren. Man muss Quantenzustände präparieren. Dafür gibt es heutzutage vor allem zwei Methoden, die verwendet werden. Das eine sind Ionenfallen. Dabei sind die Qubits Ionen, die in bestimmten Zuständen gehalten werden und die sich dann mit anderen Ionen austauschen sollen. Das andere sind supraleitende Qubits, da läuft der Strom ohne elektrische Verluste in Minikreisen, die miteinander verbunden sind.

Der entscheidende Punkt bei den Qubits ist, dass diese massiv von der Umgebung getrennt werden müssen. Das heißt, jedes Luftteilchen, das an ein Qubit stoßen würde, würde den Zustand schon ruinieren. Oder wenn es zu warm wird, dann fangen die Qubits an zu wackeln und stoßen an Wände oder aneinander und das zerstört auch den Zustand. Man muss also zu extrem tiefen Temperaturen gehen, wenige Tausendstel Grad über dem absoluten Nullpunkt, und man muss diese Isolation von der Umgebung möglichst lange aufrechterhalten. Das ist im Prinzip noch machbar, aber ich brauche darüber hinaus noch eine Möglichkeit, den Quantenzustand auszulesen, ohne ihn zu zerstören und das widerspricht sich ja schon fast. Wie man das vernünftig hinbekommt, ist schwierig, und deshalb sind auch diese Fehlerkorrekturen extrem wichtig.

Vielen Dank für das Gespräch!

Kommentare

One comment on “Quantencomputer – ist der Hype berechtigt ? (Interview mit Ulrich Eberl)”
  1. Dieter Hannemann sagt:

    Im Weltall sind die Bedingungen welche Quanten-Computer benötigen absolut ideal. Darum macht Weltraumforschung Sinn und es sollten mehr Mittel bereit gestellt werden, wie überhaupt für Wissenschaft/Forschung!

Kommentar verfassen