Digitalisierung? Ein alter Hut!

VON HELMUT BRESLER

Keine Diskussion und auch kein Vortrag kommen ohne das aktuelle Schlagwort aus. Die digitale Revolution bzw. digitale Transformation steht bei allen Themen im Mittelpunkt. Ein neuer Trend? Von wegen. Schnee von gestern. Ein kurzer Blick in die Geschichte.

Was hat den bitte die historische Jahrmarktsorgel mit den beiden Schlagwörtern „Automatisierung“ und „Digitalisierung“ zu tun? Sie werden es nicht glauben – ziemlich viel. Das fast ausgestorbene mechanische Musikinstrument spielt mit Lochkarten, den Vorläufern der modernen Digitalisierungstechnik. Und sie spielt mit einer markanten Lautstärke, ersetzt fast ein ganzes Orchester. Nach rund 20 Minuten ist das Lochband durchgelaufen und muss ausgewechselt werden.

Faltkarton-Noten, auch Bücher genannt (Bild), sind Kartonblätter, die als Leporello gefaltet aufbewahrt werden. In den Karton sind die Musik- und Steuerinformationen für die Instrumente als Löcher eingestanzt, quasi „Null“ und „Eins“.

Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts versuchten die Schausteller mit einer Orgel die Neugier des Publikums zu wecken und stellten sie vor ihren den Karussell-Anlagen auf. Ende der 1920er Jahre wurden sie mit den ersten Plattenspielern und Verstärkeranlagen unmodern und verschwanden. Nur wenige Exemplare sind heute noch spielbereit und verzaubern das Publikum wie am ersten Tag – dank der Digitalisierungstechnik.

Übrigens ist das Prinzip der Lochkarte uralt. Erfunden von einem amerikanischen Unternehmer und Ingenieur – Herman Hollerith, 1860 geboren. Mit seinen Hollerith-Lochkarten und seiner Hollerith-Maschine revolutionierte er die Verarbeitung von großen Datenmengen und schuf, bildlich gesprochen, den ersten „Computer“. Tatsächlich stammt der erste funktionsfähige Computer von Konrad Ernst Zuse, der 1910 in Berlin das Licht der Welt erblickte. Der von ihm entwickelte, sogenannte Z3, war der erste vollautomatische, programmgesteuerte und frei programmierbar arbeitenden Rechner der Welt – eine echte Sensation. Auch wenn er mit der heutigen Datenverarbeitungstechnik bezüglich Leistung und auch dem beanspruchten Platz so gar nichts mehr gemeinsam hat.

Wenn Sie das nächste Mal eine Jahrmarktsorgel sehen und spielen hören – denken Sie an die Digitalisierungstechnik und werfen Sie einen Blick auf die Lochkarten. Ohne die wäre heute vieles gar nicht möglich gewesen …

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