Präsident*in Teil I (20/52 – Terraismus)

Illustration von Susanne Gold/ Text von Ted Ganten
In diesem Film erfährst du mehr über „Terraismus“.

 

Nach all den –  aus meiner Sicht notwendigen – Ausflügen in Verbesserungspotentiale in der Gegenwart, geht es nun in die Zukunft. Wie soll ein terraistischer Verein aussehen? Um was soll er sich kümmern? 32 wöchentliche Blogbeiträge liegen vor uns, mit vielen – hoffentlich interessanten – Ideen.

Wie wählt man eine/einen Präsidenten*in?

Ich schlage vor, in den Mitgliederversammlungen generell Menschen, nicht Parteien zu wählen. Ziel wäre es eine Person zur/zum Präsidenten*in zu wählen, der man zutraut, Funktionen, Gelder, Projekte und Mitarbeiter*innen zu managen, um einen definierten Zweck zu erreichen. Eine Person, der man zutraut, die Geschicke zu lenken, mit der man Grundwerte teilt. Der Mensch ist evolutionär darauf ausgerichtet, Menschen und nicht Parteiprogrammen zu vertrauen. Das widerspricht nicht der Tatsache, dass Personen mit einem „Programm“ antreten. Dieses Programm sollte nicht in erster Linie konkrete Maßnahmen enthalten, sondern ein Werte- und Zielbild vermitteln. Grundlagen, auf deren Basis zukünftige Entscheidungen getroffen werden.

Wofür wählt man eine/einen Präsidenten*in?

Es ist nicht sinnvoll, den/die Präsidenten*in an einem Versprechen oder einem Programm festzuhalten, dass sich nach der Wahl als nicht sinnvoll herausgestellt. Außerdem ist wesentlicher Bestandteil der Aufgabe gerade auf noch unbekannte Situationen angemessen zu reagieren. Eine Transparenz mit Blick auf die zugrunde liegenden Werte ist Teil der Vertrauensbildung. Aus diesem Wertekatalog können sich dann tatsächliche Entscheidungen und Vorschläge für konkrete Maßnahmen ableiten. Der Fokus ist im Vergleich zu den üblichen Kanzlerwahlen im deutschen Wahlsystem auf den Kopf – oder besser gesagt – auf die Füße gestellt. Diese Person würde dann den Vorstand des Vereins organisieren und die Geschäftsführung verantworten.

Wird ein/eine Präsidenten*in den terraistischen Kurs halten?

In unseren parlamentarischen Demokratien gibt es grundsätzlich eine Sorge, Präsidenten*innen oder Kanzler*innen mit zu großer Machtfülle auszustatten. Diese Sorge könnte man auch bei einem starken, planentenumspannenden, terraistischen Verein haben. Natürlich ist ein Verein – schon wegen der fehlenden Exekutive und des Militärs – nicht mit einem Staat vergleichbar. Trotzdem wird bei der/dem einen oder anderen Leser*in die Sorge bestehen, ob ein mitbestimmtes Konzept des Vereins ohne ein dem Parlament vergleichbarem Organ auskommt. Warum nicht? Wikipedia verrät uns, dass es einige Unternehmen gibt, die seit dem 8. Jahrhundert nach Christus bestehen. Dazu gehören nicht nur Hotels und Restaurants, auch Maschinenbauer und Gießereien sind dabei. Bei religiösen Vereinigungen, die ja auch einem Zweck und teilweise eingeschränkten Mitbestimmungskonzepten verpflichtet sind, gibt es noch deutlich ältere. Vereine existieren also schon deutlich länger als die meisten Staaten und verfolgen oft noch ihren ursprünglichen Zweck. Dort wo Eigentümerstrukturen in Familienhand waren, sind die Geschäftsführer*innen meist noch nicht einmal nach Qualifikation und Ausrichtung gewählt.

Heiligt der Zweck die fehlende Mitbestimmung im Tagesgeschehen?

Sicherlich ist über die letzten fast 1500 Jahre in diesen Vereinen nicht alles perfekt gelaufen. Die Frage ist trotzdem möglicherweise auch umgekehrt berechtigt. Wäre die Verfolgung des Geschäftszweckes über mehr als 1000 Jahre besser gelaufen, wenn die/der Geschäftsführer*in ein von den Mitarbeiter*innen gewähltes „Parlament“ an der Seite gehabt hätte? Oder kann man über den Zweck abstimmen und dann bei einem Verein mit seinen Kontrollinstanzen darauf vertrauen, dass ein Präsident*in diesen Zweck verfolgt. Ich meine, die Effizienz, die man aus dem Nichtvorhandensein von den Parlamenten vergleichbaren Strukturen auf allen Ebenen gewinnt, und die Geschwindigkeit, mit der eine solche Person Entscheidungen treffen kann, rechtfertigen einen Versuch. Es gibt ja noch einige andere Kontroll- und Korrektivinstanzen, die darüber wachen, dass nicht alles aus dem Ruder läuft.

Nächste Woche schauen wir weiter auf die Erfolgsfaktoren für die Ausgestaltung eines Präsidenten*innamtes.

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