Die Welt in hundert Jahren – „Designer für nachwachsende Rohstoffe“

Illustration Ella Priesnitz/ Text Mark Oswald

Unzufrieden betrachtete Narn, was da vor ihm lag

Er stand vor einem Baum, der ganz und gar seltsam geformt war. Direkt vor Narn war etwas in Form eines Eingangs oder einer Tür, diese war offen und gab einen Blick auf das Innere des überbreiten Baumes frei. Es sah aus wie… eine Wohnung, geschmackvoll eingerichtet mit hölzernen Möbeln und einladender Dekoration. Dieser Baum war gewachsen, als wollte er einem Menschen ein gutes Heim bieten.

Tatsächlich war dieser Baum gewachsen, um einem Menschen ein gutes Heim zu bieten

Narn sah, dass eine der Ecken im Eingangsbereich des „Baumhauses“ mit einer Rundung mehr Symmetrie zeigen würde, schloss die Augen und kurz darauf war im Holz eine Bewegung zu sehen. Wie von Zauberhand verformte, nein, wuchs das Holz und rundete die Ecke ab.

Narn war ein Designer

Designer gehörten der Kaste der Technokraten – Menschen deren Körper und Gehirne mit Bionics, Nanochips, Nanomites und anderen Augmentierungen erweitert war. Diese Erweiterungen verliehen seinem Gehirn nicht nur eine Rechenkapazität, welche die eines Menschen um das Millionenfache überstieg, sondern ermöglichten ihm je nach Ausstattung noch andere Wunder.

Als Designer mit dem Schwerpunkt Nachwachsende Rohstoffe hatte er Augmentierungen, die mit natürlichen Rohstoffen wie Bäumen kommunizieren konnte.

Durch Gedankenimpulse konnte er die Pflanze dazu zwingen ihren inneren Bauplan zu verändern und Botenstoffe ausschütten, die blitzschnelles Wachstum verursachten. So konnte er nur mit seiner Vorstellungskraft aus einem Setzling ein Haus oder eine andere Wohneinheit gestalten, deren fertiger Bauplan später für die Massenproduktion genutzt werden konnte.

Die Umweltverschmutzung war nach dem 2.000er Millenium noch zu viele Jahre weiter gegangen

Gegen 2025 war den Anführern der Welt endlich klar geworden, dass der Erhalt des Ökosystems wichtiger ist als erfolgreiche Neuwahlen und so wurden die „Weltgemeinschaft“ gegründet, die ihre Ressourcen auf die gemeinsame Weiterentwicklung der Menschheit bündelte.

Die Jahre danach wurden zu einem goldenen Zeitalter der Technologie und es wurden im Schwerpunkt Technologien erforscht die dem Wohl der Spezies Mensch, seinem Erhalt und seiner Verbreitung als Multiplanetare Spezies diente.

Aus den Entwicklungen der folgenden Jahrzehnte hatte sich die Menschheit in grob zwei Schichten geteilt: Die Aktiven und die Passiven

Durch die Kraft der Maschinen war Arbeit ohne sozialen oder technlogischen Nutzwert überflussig geworden und – um einen Kollaps zu vermeiden – wurde global das Geldsystem abgeschafft.

Produktionszweige wurden dahingehend weiterentwickelt, dass sie ressourcenautonom und vollautomatisiert sämtliche Konsumgüter und Unterhaltungsgüter produzieren konnten, die Menschen für ein zufriedenes Leben brauchten.

In Konsequenz hatte die Existenz der meisten Menschen keinen Leidensdruck mehr

Dadurch entwickelte sich eine hedonistischen Genussexistenz. Im Jahr 2118 verbrachten die meisten „passiven“ ihr Leben mit Unterhaltungselektronik, legalen Drogen, Partys, Kunst, Musik oder anderen Vergnügungen. Leben um des Lebens willen.

Etwa 3% der Bevölkerung gehört zu den „Aktiven“

Dass sind die Menschen, die in sich den starken Drang nach Entwicklung tragen. Gegen 2035 kristallisierte sich heraus, dass die Menschheit zwei Dinge braucht: Technlogische Entwicklung und Bewusstseinsentwicklung. Und so wurden diese beiden Aspekte zu den Steckenpferden der Aktiven.

Die technlogisch Begeisterten fingen an, mit augmentierungen und anderen technischen Spielereien zu experimentieren, während die Bewusstseinsforscher sich um die Entwicklung und die Erforschung der Grenzen des menschlichen Bewusstseins beschäftigten.

Früher war das nicht möglich – die meiste Energie verschwand in Kriegen und Machtkämpfen

Nach dieser Zeit entfalteten Technokraten sich in verschiedene Zweige. Manche widmeten sich der Landwirtschaft, manche der Raumfahrt, andere der Kommunikationstechnologie und manche der Unterhaltung.

Erstes Ziel war es, die passive Technologie zu entwickelt, mit der sie ihr ganzes Leben entspannt leben konnten. Ganz ohne Umweltschäden oder ernsthafte Probleme anzurichten. Zweites Ziel war die Weiterentwicklung der Technologie, um das All zu kolonisieren.

Es lebt sich gut im Jahre 2118

Wer will, kann sein ganzes Leben lang ausschließlich genießen und hat ledigich die Verpflichtung, einen oder mehrere Nachkommen zu zeugen. Wer Schöpferdrang hat, kann ihn mit ungeahnten Möglichkeiten ausleben – und damit wirklich einen Unterschied im Lauf der Welt machen.

So wie Narn – der Wohneinheiten aus Bäumen konstruiert

Diese Wohneinheiten sind biologisch abbaubar, aus nachwachsenden Ressourcen, bauen Co-2 ab und bieten gleichzeitig Tieren ein Zuhause. Eine perfekte Möglichkeit luxuriös zu leben und die Natur zu stärken.

Ziel der Weltgemeinschaft ist es, bis 2150 30% der Städte zu „Eco-Cities“ zu machen – also Städten, die vollkommen auf biologischen Designs aufbauen

Ich könnte euch noch viele weitere wundersame und wunderbare Dinge aus dieser Zeit erzählen, doch das würde den Rahmen dieser Geschichte sprengen. Ich werde mich zu einem anderen Zeitpunkt weiter an die Zukunft erinnern.

Kommentare

1 comments on “Die Welt in hundert Jahren – „Designer für nachwachsende Rohstoffe“”
  1. Susanne Gold sagt:

    Danke Mark, dass Du den Auftakt mit dieser wundervollen und optimistischen Version der Zukunft gemacht hast! lg, Susanne

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